Klimaschonend, stabil und kosteneffizient: Wissenschaftler forschen zum Energiesystem der Zukunft

Wie k?nnen wir nachhaltiger leben und die Zukunft auf unserem Planeten gemeinsam gestalten? Darum drehte sich vom 20. bis 26. September die sechste ?Europ?ische Nachhaltigkeitswoche“ (ENW). Beim Thema nachhaltiges Leben ist auch die Wissenschaft gefragt. In einem Special zur ENW stellen wir immer dienstags spannende Forschungsprojekte von Paderborner Forscher*innen vor, die sich mit einem Nachhaltigkeitsthema besch?ftigen.

Ob das eigene Haus, Bürogeb?ude, der private Pkw oder die Industrieproduktion: ?berall wird Energie ben?tigt – für Strom, W?rme, Belüftungs- und Kühlsysteme oder Antriebstechnologien. Jahrzehntelang setzte Deutschland neben der Kernenergie vorwiegend auf Kohle, ?l und Erdgas. Doch diese fossilen Energietr?ger sind endlich und sie füttern Anlagen, bei deren Betrieb massenhaft klimasch?dliche Treibhausgasemissionen entstehen. Der Bund hat daher die ?Energiewende“ ausgerufen. Mehr und mehr soll unser Energiesystem aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind- und Solarkraft gespeist werden. Die Herausforderungen dabei: Die Energieversorgung muss auch künftig stabil laufen, kosteneffizient sein und die Interessen zahlreicher Akteure müssen unter einen Hut gebracht werden. Im Forschungsprojekt ?FlexiEnergy“ entwickeln Wissenschaftler der Universit?t Paderborn ein intelligentes Planungswerkzeug, das Netzbetreiber dabei unterstützen soll, das Energiesystem der Zukunft klimaschonend, netzstabil und finanziell effizient zu gestalten.

Das im August 2018 gestartete Projekt l?uft noch bis Mitte 2021 und wird von der EU und dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW mit 1,8 Millionen Euro gef?rdert. Verantwortlich für die Koordination des Projekts, an dem acht regionale Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt sind, ist das Software Innovation Lab (SI-Lab) des SICP – Software Innovation Campus Paderborn der Universit?t.

?Für unser künftiges Energiesystem ist es wichtig, die Sektoren Strom, W?rme/K?lte und Mobilit?t effizient zu koppeln, damit sich der Anteil regenerativer Energien am Gesamtverbrauch weiter erh?hen l?sst. Dazu müssen wir verschiedene Einzeltechnologien aus den Bereichen Energietransport, -speicherung und -transformation in einem ganzheitlichen System zusammenfassen“, erl?utert Projektleiter Dr. Christoph Weskamp. Beim Aufbau eines Systems, das verschiedene Energiesektoren umfasst, müssen insbesondere die Netzbetreiber eine Reihe von Entscheidungen treffen. Etwa: Wie sollte ich meine Verteilnetze um- und ausbauen? Und welche Speicher- und Transformationstechnologien müssen zum Einsatz kommen? Hier setzt das Paderborner Forschungsprojekt an: ?Unser Ziel ist es, ein intelligentes Entscheidungsunterstützungssystem für die Gestaltung von Energiesystemen zu entwickeln und damit Netzbetreibern beim Planungs- und Transformationsprozess ihrer Verteilnetze zu helfen“, fasst der wissenschaftliche Koordinator des Projekts Prof. Dr. Gregor Engels zusammen. Mit ihrer Forschung wollen die Wissenschaftler Wechselwirkungen zwischen den Energietr?gern Strom, Gas und Fernw?rme nutzen und so Energiesysteme kosteneffizienter, CO2-?rmer und damit klimaschonender machen – bei gleichbleibender Netzstabilit?t.

Intelligentes Planungswerkzeug für Netzbetreiber

Im Projekt ?FlexiEnergy“ entwickeln Paderborner Wissenschaftler aus den Bereichen Datenbank- und Informationssysteme, Elektrische Energietechnik und Wirtschaftsinformatik das Entscheidungsunterstützungssystem in Form eines intelligenten Planungswerkzeugs. Mit dem Tool k?nnten Netzbetreiber künftig ihre Netze kosteneffizient gestalten und sie für die n?chsten Jahre robust auf verschiedene Last- und Einspeiseszenarien vorbereiten. ?Dabei berücksichtigen wir insbesondere die Versorgungssicherheit: Das von uns erstellte Netz soll beispielsweise bei Fehlverhalten von einzelnen Transformatoren nicht zusammenbrechen und weiterhin die Bev?lkerung zuverl?ssig mit Energie versorgen. Neue Technologien wie Energiespeicher und Sektorkopplungsanlagen werden ebenfalls berücksichtigt. Als Ergebnis bekommt der Netzbetreiber einen detaillierten Ausbauplan für sein Netz vorgeschlagen“, erkl?rt Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Guido Schryen.

Für das Planungswerkzeug erforschen die Wissenschaftler, wie Softwareinnovationen bei der Gesamtplanung des Energiesystems der Zukunft helfen k?nnen. ?Hier kombinieren wir Methoden der Szenarioplanung zur Abbildung von künftigen Wertentwicklungen, Methoden der physikalischen Simulation zur Berechnung von Lasten im Strom-, Gas- und W?rmenetz sowie Methoden der mathematischen Optimierung zur m?glichst effizienten Netzgestaltung“, beschreibt Gregor Engels das Vorgehen.

Neue Tarife, die klimafreundliches Verhalten belohnen

Neben Netzbetreibern sollen auch Energieerzeuger, -versorger und Endkunden von der Paderborner Forschung profitieren. Dazu Prof. Dr.-Ing. Stefan Krauter, Inhaber des Lehrstuhls für Elektrische Energietechnik: ?Im Projekt haben wir bereits Vorschl?ge ausgearbeitet, wie sich künftige Energietarife gestalten lassen. Entstanden sind neue Tarifmodelle, wie beispielsweise ein Flex-Strom-Tarif, der klimafreundliches Verhalten belohnt und f?rdert. Durch den Zusatznutzen der ?Netzdienlichkeit“ verringern sich zudem Netzverluste und Verbraucherabgaben. Bevor die Tarife aber tats?chlich am Markt umgesetzt werden k?nnen, müssen die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen ge?ndert werden. Im Projekt erarbeiten wir daher auch konkrete politische Handlungsempfehlungen.“

Offen für neue Technologien

Aktuell sind im Energiebereich zahlreiche klimaschonende Technologien im Einsatz. So wird Energie etwa über Photovoltaik-, Windkraft-, Solarthermie- und Blockheizkraftwerk-Anlagen gewonnen, in station?ren Batterie-, Gas- und W?rmelementen gespeichert sowie in Strom- und Gasleitungen transportiert. Doch das intelligente Planungswerkzeug der Paderborner Forscher integriert nicht nur diese Technologien, wie Christoph Weskamp erkl?rt: ?Gro?es Potential haben künftig vor allem Sektorkopplungstechnologien, welche die Sektoren Strom, W?rme und Mobilit?t verbinden. Insbesondere im Bereich der ?Power-to-X-Technologien‘, also etwa Power-to-Wasserstoff, tut sich gerade sehr viel. Daher wird das von uns entwickelte Entscheidungsunterstützungssystem erweiterbar sein, sodass künftig auch neue Technologien integriert werden k?nnen.“

Einflussfaktoren, Versorgungsgebiete und moderne Software im Blick

Um die vielen verschiedenen Anforderungen der Energiedom?ne m?glichst ganzheitlich im intelligenten Planungswerkzeug  umzusetzen, gehen die Paderborner Forscher in ?FlexiEnergy“ arbeitsteilig vor. Das Team um Stefan Krauter identifizierte zun?chst die für ein Energiesystem relevanten Einflussfaktoren. Darauf aufbauend erstellten die Forscher eine erste Version eines Wissenssystems, das diese komplexen und oft unsicheren Einflussfaktoren, wie etwa die Entwicklung der Anzahl installierter W?rmepumpen in Privathaushalten, einschlie?lich ihrer energetischen Wechselwirkungen, abbildet und für Netzbetreiber transparent darstellt. ?Daraus k?nnen Entscheider dann verschiedene Zukunftsszenarien ableiten, die es erm?glichen, Handlungsoptionen unter Berücksichtigung verschiedener Rahmenbedingungen zu betrachten“, so Stefan Krauter.

Die Wissenschaftler um Guido Schryen untersuchen, wie mittels mathematischer Optimierung das Versorgungssystem effizienter gestaltet werden kann. 365足彩投注_365体育投注@ erforschen dabei insbesondere, wie sich gro?e Versorgungsgebiete im Zuge der Sektorkopplung optimieren lassen. ?W?hrend es für kleinere Teilnetze schon Forschungsarbeiten gibt, m?chten wir auch gro?e st?dtische und l?ndliche Versorgungsnetze abbilden und einen robusten Ausbauplan für die Zukunft errechnen, um eine sichere Energieversorgung kostengünstig gew?hrleisten zu k?nnen“, erl?utert Guido Schryen.

Gregor Engels und seine Kollegen integrieren die im Projekt entwickelten Methoden und Verfahren zur Simulation und Optimierung eines künftigen Energiesystems in ein ganzheitliches Planungswerkzeug. Dabei setzen sie auf moderne Software-Architekturen wie komponentenorientiertes Design. ?Der Anwender, also die Entscheidungstr?ger von Netzbetreibern, profitieren dadurch, dass je nach konkreter Fragestellung die oben beschriebenen Methoden m?glichst passgenau ausgew?hlt und konfiguriert werden“, erkl?rt Engels.

Erste Praxistests

Die für ?FlexiEnergy“ wichtigen Daten aus der Alltagspraxis der Energiebranche erhalten die Paderborner Wissenschaftler von den am Projekt beteiligten Netzbetreibern. ?Die kooperierenden Unternehmen evaluieren im Rahmen von 365足彩投注_365体育投注@s bereits Teile unseres Planungswerkzeugs. Das Feedback flie?t direkt in unsere weitere Entwicklung ein. So ist garantiert, dass unser Entscheidungsunterstützungssystem am Ende in der Praxis eingesetzt werden kann“, bilanziert Christoph Weskamp.

Weitere Informationen zum Projekt

An ?FlexiEnergy“ sind neben dem SICP der Universit?t Paderborn die WestfalenWIND GmbH, die Westfalen Weser Netz GmbH, die Rechenzentrum für Versorgungsnetze Wehr GmbH, die UNITY AG und der Verein Energie Impuls OWL beteiligt.

Zur Projektwebseite: www.flexi-energy.de  

 

Simon Ratmann, Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing

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Die Universit?t Paderborn beteiligt sich mit verschiedenen Aktionen an der ?Europ?ischen Nachhaltigkeitswoche“. Erfahren 365足彩投注_365体育投注@ mehr unter go.upb.de/enw2020 und #UPB4ausDenken.

Foto (Uni Paderborn, Kamil Glabica): Im Forschungsprojekt ?FlexiEnergy“ entwickeln Wissenschaftler der Universit?t Paderborn ein intelligentes Planungswerkzeug, das Netzbetreibern dabei helfen soll, unser künftiges Energiesystem klimaschonend, stabil und kosteneffizient zu gestalten.

Kontakt

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Dr. Christoph Weskamp

Software Innovation Campus Paderborn (SICP)

R&D Manager - Digital Business

E-Mail schreiben +49 5251 60-5240
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Prof. Dr.-Ing. habil. Stefan Krauter

Elektrische Energietechnik (EET)

Nachhaltige Energiekonzepte für die Energiewende.

E-Mail schreiben +49 5251 60-2301