Beschreibung des Forschungsvorhabens

Das empirische Forschungsvorhaben untersucht den Sprachausbau des Mittelniederdeutschen vom 13. Jahrhundert bis zum Schreibsprachenwechsel im 16./17. Jahrhundert, mit dem das Mittelniederdeutsche seine Geltung als Schriftsprache an das Fru?hneuhochdeutsche verliert. Es leistet damit einen Beitrag zur Rekonstruktion der bislang erst punktuell untersuchten grammatischen Entwicklung des Mittelniederdeutschen als historischer Schriftsprache. Die Untersuchung konzentriert sich auf sta?dtische Rechtssatzungen, und zwar aus mehreren Gru?nden: Sprachliche Ausbauprozesse finden sich mutma?lich gerade in der Rechtsschriftlichkeit, die komplexe Rechtssachverhalte in allen rechtsrelevanten Aspekten kontextentbunden explizieren muss. In Rechtssatzungen geht es dabei in einem alltagspraktischen Sinne stets um konditionale Sachverhaltsrelationen, so dass untersucht werden kann, wie sich die grammatische Konstruktion von Konditionalita?t im Untersuchungszeitraum wandelt. Schlie?lich sind Rechtssatzungen lokalisier- und datierbar, so dass sich die zeitra?umliche Entwicklungsdynamik des Ausbaus nachzeichnen la?sst.

Entwickelt wird ein ?interaktives“ Verfahren, das maschinelles Lernen und Expertenfeedback kombiniert. Auf diese Weise wird ein zentrales Problem bestehender Annotationsverfahren fu?r historische Texte gelo?st. Existierende Parsing- und Tagging-Verfahren der Computer- bzw. Korpuslinguistik setzen statische (a priori definierte) Grammatiken bzw. grammatische Kategorien voraus, was der historischen Dynamik der Grammatik nicht gerecht wird. Eine sich diachron entwickelnde, dynamische Grammatik mittels regelbasierter Textanalyseverfahren und Methoden des maschinellen Lernens im Korpus zu ?entdecken“ und auf diese Weise den Sprachwandel evidenzbasiert zu rekonstruieren, ist ein Novum. Da dies gleicherma?en sprach-/grammatikhistorisches Wissen sowie Kenntnisse im Bereich der Computerlinguistik und Informatik voraussetzt, ist das Vorhaben als fa?cheru?bergreifendes Projekt konzipiert, das eine enge Kooperation der Fa?cher u?ber den gesamten Fo?rderzeitraum verlangt.

Das Projekt ist mittlerweile abgeschlossen (Laufzeit: 01.01.2017 bis 30.06.2020)

 

  • Zunahme syntaktischer Komplexit?t?
  • Wachsende Pr?ferenz für verdichtende Konstruktionen?
  • Texttypenspezifik konditionaler Sachverhaltsdarstellungen?
  • Schreibsprachenwechsel zun?chst nur "Lexikwechsel"?
  • Erfassung des konstruktionalen Ausbaus
  • Annotationen via human-in-the-loop
  • Abbildung von Ambiguit?t, Gradienz, Gradualit?t und Annotatorunsicherheit
  • Analysefortschritt durch maschinelles Lernen
  • Toolunterstützung basierend auf CorA
  • Diagrammatische Illustration der zeit-r?umlichen Entwicklung
  • Darstellung der zeit-r?umlichen Entwicklungsdynamiken
  • Entwicklung einer dynamischen Variante der Choroplethenkarte